Okay betrifft uns nur Indirekt da kein P2P aber dennoch interessant.
ZitatAlles anzeigenLG Köln & P2P-Urheberrechtsverletzungen
Brisante Äußerung zur fehlerhaften Beweissicherung von IP-Adressen
Das Landgericht Köln hat in einem Beschluss, der bereits Ende September 2008 ergangen ist, eine höchst kritische Äußerung bezüglich der Beweiskraft von IP-Adressen in Fällen von Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen getroffen.
Tausende Bürger müssen sich seit Jahren mit einem Phänomen befassen, dass sich als "Abmahnung" in die Köpfe der Betroffenen gebrannt hat. Spezialisierte Firmen und Kanzleien durchforsten hierbei im Auftrag eines Rechteinhabers diverse Tauschbörsen.
Ziel der Suche ist es, Filesharer ausfindig zu machen, die urheberrechtlich geschützte Werke des beauftragenden Rechteinhabers verbreiten. Um die User identifizieren zu können, wird hierzu neben anderen technischen Details stets die IP-Adresse geloggt. Nach Ansicht der Piratenjäger ist die IP-Adresse sowie der Hashwert der Datei allein bereits ausreichend, um eine Urheberrechtsverletzung beweissicher und gerichtsverwertbar zu dokumentieren. Eine IP-Adresse sowie eine Hash-Summe seien schließlich ein absolutes Unikat, doch selbst wenn dies zutrifft, wird auch stets von einer fehlerfreien Beweiserhebung gesprochen. Viele Experten können über eine fehlerfreie Beweiserhebung durch eine fehlerfreie Software nur müde lächeln. Das Landgericht Köln setzte jedoch, wie jetzt erst bekannt wurde, dem Ganzen die Krone auf.
Wie Rechtsanwalt Dr. Wachs in seinem Blog erklärt, müsse man sich vorab klar machen, dass das Landgericht Köln eine Spezialzuständigkeit im Urheberrecht innehat. Infolge dessen würden 99 Prozent der herausgegebenen Adress-Daten von eben diesem Gericht kommen. Dr. Wachs drückt es erheblich simpler aus: "ohne Köln keine Adressen und damit auch keine Abmahnungen."
Wenn man sich somit den Stellenwert des Landgerichts Köln klar gemacht hat, gilt es, einen Beschluss vom 25. September vergangenen Jahres aufmerksam durchzulesen. Dieser bezieht sich auf den Zeitraum vor dem Zivilrechtlichen Auskunftsanspruch, als noch die Staatsanwaltschaften eine Auskunft vom Provider zu bestimmten IP-Adressen einholten. Inzwischen kann der Rechteinhaber mit dem Zivilrechtlichen Auskunftsanspruch diese Tätigkeit selbst ausführen. Während vor dem 1. September die Staatsanwaltschaft vom Provider mitgeteilt bekam, wenn keine Zuordnung einer IP-Adresse und Zeit zu einem Anschluss möglich war, wird dies heute ausgeblendet. Die Richter segnen lediglich den Beschluss ab, die negativen Ergebnisse - die es bei einer fehlerfreien Beweiserhebung nicht geben dürfte - werden direkt an die anfragende Kanzlei weitergeleitet. Das Landgericht Köln stand jedoch seinerzeit der IP-Adresse offensichtlich äußerst kritisch gegenüber, wenn diese als Beweis hätte genutzt werden wollen.
"Auf welche Weise die Antragsstellerin vorliegend die Verbindung der zwischen konkreten IP -Adresse, einen genauen Zeitpunkt und dem "Hashwert" eines ihrer Werke hergestellt hat, lässt sich ihrer Anzeige und auch allen weiteren Schriftsätzen nicht entnehmen. In der Anzeige heißt es lediglich, die Antragstellerin habe es "in Erfahrung" gebracht. Diese Angabe ist dünn und wird durch das rund 380 Seiten lange Konvolut von "Tatnachweisen" auch nicht wesentlich aufgewertet. Der einzelne Tatnachweis - in einer PDF - Datei übermittelt - enthält bei nüchterner Betrachtung nicht viel mehr als die Behauptung, zu einer bestimmten sekundengenau definierten Zeit habe jemand unter einer konkreten IP - Adresse eine Datei mit einem bestimmten Hashwert angefordert beziehungsweise downgeloadet. Wie lange der Vorgang lief und ob und in welchem Umfang tatsächlich Daten geflossen sind, kann der "Tatnachweis" nicht vermitteln. Das technische Verfahren zur Gewinnung der übermittelten Informationen und die konkreten natürlichen Personen, die für diese Angaben ggfls. als Belastungszeugen gerade stehen könnten, sind nicht nachvollziehbar dargelegt."
Bereits an dieser Stelle werden viele Abgemahnte höchst erstaunt sein. Der wirklich interessante Teil folgt jedoch erst einen Satz später: "Die Kammer zweifelt nicht daran, dass die Antragstellerin nach bestem Wissen und Gewissen ihre Erkenntnisse vortragen möchte. Deren Verlässlichkeit kann das Gericht aber nicht abschätzen. Dass die Zuverlässigkeit der ausgespähten IP -Adressen nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, ergibt sich aus den Angaben der Staatsanwaltschaft, die schon öfter offensichtliche Mängel bei der IP -Adressen -Auflösung beobachtet hat. So hat sie beispielsweise zunehmend beobachtet, dass bei der Abfrage von IP -Adressen Provider rückgemeldet haben, zu dem betreffenden Zeitpunkt habe zu der konkreten IP -Adresse keine Session gefunden werden können; dies könne - so folgert die Staatsanwaltschaft zu Recht -nur bedeuten, dass unter den zur Anzeige gebrachten angeblichen Taten auch solche waren, die es nicht gegeben habe."
Konkret bedeutet dies, dass die fehlerfreie Datenerhebung der hier benutzten Anti-Piracy Software alles war - aber nicht fehlerfrei. Sie lieferte IP-Adressen und Zeitwerte, die jedoch zusammengeführt keinerlei Ergebnisse bei den Providern erbrachten. Wo genau der Fehler lag - sei es nun IP-Adresse oder Zeitstempel - ist letztendlich auch egal. Es verdeutlicht die Anfälligkeit der Beweisführung. Natürlich könnte sich noch auf Einzelfälle ausgesprochen werden, die einfach "passieren", auch wenn sie dies nicht dürften. Die weitere Ausführung des Beschlusses verdeutlicht jedoch, dass die Fehler nicht im kleinen Rahmen geschehen, sondern offenbar in einem wirklich großen Stile:
"Dies habe man nur zufällig aufdecken können, weil die angeblich benutzte IP -Adresse zum betreffenden Zeitpunkt überhaupt nicht in Benutzung gewesen sei. Ob und wie oft eine mitgeteilte IP -Adresse zur Tatzeit von einem Unbeteiligten anderweitig genutzt worden sei, lasse sich nicht mit Sicherheit sagen; man könne insoweit nur Vermutungen anstellen. Derartige Fehlverknüpfungen sind nach der Erfahrung der Staatsanwaltschaft auch kein seltenes oder vereinzeltes Phänomen. Bei einigen Verfahren habe - so die Staatsanwaltschaft - die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP -Adressen deutlich über 50% aller angezeigten Fälle gelegen, bei einem besonders eklatanten Anzeigenbeispiel habe die Fehlerquote sogar über 90% betragen. Ergänzend wird auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Köln zum Gutachten Prof. T2 vom 3.7.2008 (Blatt 158 ff.) Bezug genommen. Erklärlich erscheinen solche Zuordnungsprobleme der Kammer etwa durch Schwierigkeiten bei der Zeitnahme - sowohl beim ermittelnden Unternehmen als auch beim Provider. Auch die Verlässlichkeit der Hashwerte, die nach den Beobachtungen der Staatsanwaltschaft Köln manipuliert werden können und gelegentlich - von Hackern - manipuliert werden, um den Betrieb der Tauschbörse zu stören, ist nicht hundertprozentig gewährleistet. Daraus ergibt sich eine weitere, quantitativ schwer einzuordnende Unsicherheit in der Zuordnung eines bestimmten Festnetzanschluss ist zu einem bestimmten Werk- Download."
Aufgrund dieser Konstellation gelangte das Landgericht Köln zu folgendem Schluss:"Dies alles macht es rechtlich zweifelhaft, landgericht koelnaus einer vereinzelten Verknüpfung zwischen einer bestimmten IP-Adresse und dem Hashwert eines einzelnen geschützten Werks eine (zivilrechtliche) Störerhaftung eines konkreten Anschlussinhabers herleiten zu wollen, solange nicht weitere Faktoren hinzutreten - wie etwa der Umstand, dass erkennbar erhebliche Datenmengen zum Upload angeboten wurden - oder zusätzliche Ermittlungsergebnisse (beispielsweise über Vortaten) vorliegen, die ein zufälliges, singuläres "Hineingeraten" eines technisch nicht versierten Internetnutzers in eine Tauschbörse, bei der der Vorsatz für die Begehung eines urheberrechtlichen Verstoßes nicht angenommen werden könnte, unwahrscheinlich erscheinen lassen."
Wir halten es an dieser Stelle wie Dr. Wachs und sparen uns eine weitere Kommentierung.
Quelle : http://www.gulli.com/news/lg-k-ln-p2p-2009-05-30/
greetz